Der Calcio hat in den vergangenen Jahrzehnten an Glanz verloren. Ein Grund dafür ist die marode Infrastruktur. Das soll sich nun ändern. Ein Überblick über die Bauvorhaben der Serie-A-Klubs.
Die Stadien der höchsten Liga Italiens lassen nicht nur punkto Bequemlichkeit zu wünschen übrig. Hexenkesselstimmung wie in England oder in Deutschland kommt nur selten auf. Das liegt einerseits daran, dass die Zuschauer meist mehrere Dutzend Meter vom Spielfeldrand entfernt sitzen.
Andererseits sind die Stadien in die Jahre gekommen. Viele wurden für die Weltmeisterschaft 1990 im eigenen Land gebaut oder wurden damals umfassend renoviert. Seither ist allerdings wenig bis gar nichts geschehen.
Sinnbildlich dafür ist der Zustand des Stadions „San Nicola“ im süditalienischen Bari. Lange Zeit wurde es wegen seines futuristischen Aussehens als modernes Stadion angesehen. Heute bleiben die Ränge meist leer. Dass der Verein in den unteren Spielklassen dümpelt, dürfte nur ein unwesentlicher Teil der Erklärung sein.
Viel schlimmer wiegt wohl die marode Infrastruktur des Stadions. Als der Verein vor wenigen Jahren noch in der höchsten Spielklasse war, kursierte ein Videoclip, der die kritische Situation offenbarte.
Die Mehrheit der italienischen Stadien gehört dem Staat. Will ein Privater in Italien investieren, muss er sich auf ein jahrelanges Ringen mit den Behörden einstellen. Diese finden denn immer einen Grund ein Bauprojekt aufzuhalten.
Ein eklatantes Beispiel dafür ist die aktuelle Situation in Rom. Seit nunmehr acht Jahren kämpft James Pallotta, Klubpräsident der AS Roma, mit der Stadt- und Regionalregierung für sein Projekt „Stadio della Roma“. Eigentlich sollte das Stadion schon längst stehen.
Von einem Spatenstich ist der Hauptstadtklub noch weit davon entfernt, geschweige denn von einem Eröffnungsspiel. Was eine eigene Spielstätte bedeuten kann, demonstriert Juventus eindrücklich. Seit ihrem Umzug 2011 ins heutige Allianz-Stadium, hat die „Alte Dame“ achtmal in Folge den italienischen Scudetto gewonnen. Nebst dem Rekordmeister aus Turin sind es in der Serie A wenige andere Mannschaften, deren Einnahmen aus dem Stadionbetrieb vollständig in die eigene Kasse gespült werden.
Atalanta – Atleti Azzurri d'Italia (24’758)
Der Verein aus Bergamo mischt derzeit die Serie A mächtig auf. Seit einigen Spielzeiten kämpfen die Nerazzurri regelmässig um die vorderen Plätze. Auch abseits vom Spielfeld zeigen sie sich fortschrittlich. Im Mai 2017 erwarb Atalanta das Stadion von der Stadt, mit der Zusicherung das Stadion Atleti Azzurri d'Italia bis 2023 zu sanieren. Die Pläne versprechen einiges. Wie von der Stadtregierung von Bergamo vorgegeben, bleiben die denkmalgeschützten Fassaden und die beiden Dächer der Längstribünen unangetastet. Die beiden Kurven rücken aber um einiges näher an das Spielfeld. Auch die Aussenfassade wird sich stark verändern. Wie die Allianz Arena in München wird sie nämlich mit Kissen aus dem Kunststoff ETFE verkleidet. Ausserdem wird sich mit dem Umbau des Stadions wohl auch der Name verändern. Ende April 2018 sprach Vereinspräsident Antonio Percassi davon, dass das Elektrotechnikunnternehmen Gewiss Namenssponsor der Heimstätte der Nerazzurri werden soll.
Bologna - Stadio Renato Dall’Ara (36’462)
Der siebenmalige italienische Meister hat Anfang Jahr seine Pläne für den Umbau des Stadio Renato Dall’Ara bekannt gegeben. Dabei sollen die historischen Elemente erhalten bleiben und die Kapazität wird von aktuell 31'000 auf 27'000 reduziert. Das Stadion wird insgesamt aber auf einen modernen Stand gebracht. Der Umbauentwurf stammt von Gino Zavanella, der bereits das Juventus Stadium entworfen hatte. Aktuell sind die Zuschauer aufgrund der Laufbahn sehr weit vom Spielgeschehen entfernt, nach dem Umbau werden die Tribünen bereits sieben Meter hinter den Aussenlinien anfangen.

Brescia - Stadio Mario Rigamonti (16’743)
Das Stadion des frisch gebackenen Serie-A-Aufsteigers entspricht nicht mehr den Anforderungen des italienischen Fussballverbands (FIGC). Daher werden in diesem Sommer wie bei Cagliari Stahlrohrtribünen innerhalb der Stadionstruktur aufgebaut, um Serie-A-tauglich zu sein. Beim Verein ehemaliger Starspieler wie Roberto Baggio, Luca Toni und Pep Guardiola ist aber auch Neues im Anmarsch. Eine italienisch-australische Projektgruppe hat einen Stadionentwurf vorgestellt, der allerdings nur umgesetzt wird, sollte die Vereinsführung den Plänen auch zustimmen. Das vorgestellte Stadion soll 25'000 Zuschauern Platz bieten und über ein verschliessbares Dach verfügen.
Cagliari - Sardegna Arena (16‘233)
Der Verein aus Sardinien hat turbulente Jahre hinter sich. Zwar nicht unbedingt sportlich gesehen. So spielen sie seit 2004, mit Ausnahme einer Spielzeit in der höchsten Spielklasse. Viel mehr sorgte die Stadionthematik für Kopfschmerzen. In den letzten sieben Jahren begrüsste Cagliari (sardisch: Casteddu) ihre Gegner gleich in vier verschiedenen Stadien. Im Dezember 2015 stellte die neue Vereinsführung um Investor Tommaso Giulini erstmals Pläne für den Neubau eines Stadions vor. So soll das geschichtsträchtige Stadio Sant’Elia abgerissen werden, um Platz für einen Neubau an gleicher Stelle zu schaffen. Die Eröffnung für das neue Stadion, war ursprünglich für das hundertjährige Bestehen des Klubs 2020 geplant. Inzwischen ist mit einem späteren Eröffnungstermin zu rechnen.
Fiorentina - Artemio Franchi (47’282)
Florenz erwartet einen heissen Sommer. Mit dem italo-amerikanischen Unternehmer Rocco Commisso hat Fiorentina einen neuen Eigentümer. Commisso emigrierte als 12-Jähriger aus Kalabrien in die USA und wurde als TV-Unternehmer und Gründer von Mediacom reich. Forbes schätzt sein Vermögen auf 4,5 Mrd. $. Die Fans erhoffen sich nebst Investitionen auf dem Transfermarkt, dass in die Stadionthematik endlich Bewegung kommt. Seit 2017 gibt es konkrete Pläne für ein neues Stadion. Dieses soll rund 40'000 Zuschauer fassen und in unmittelbarer Nähe des Florenzer Flughafens errichtet werden.
Genoa - Luigi Ferraris (36’599)
Das Stadio Comunale Luigi Ferraris auch bekannt unter dem Namen Marassi ist in Italien eines der wenigen reinen Fussballstadien ohne Leichtathletikanlage. Dies ist mitunter ein Grund, weshalb kein neues Stadion gebaut werden soll. Dafür haben die beiden Vereine aus der italienischen Hafenstadt Genoa und Sampdoria Ende April Pläne vorgestellt, die eine umfassende Modernisierung der Spielstätte vorsehen. Für 45 Mio. € soll das 1911 eingeweihte Stadion zwischen Frühling 2020 und Ende 2022 renoviert werden.
Hellas Verona - Marcantonio Bentegodi (31’045)
Einmal gewann Hellas Verona die italienische Meisterschaft, im fernen 1985. Seither hat sich einiges verändert. In den letzten zehn Jahren wurde Hellas zum Liftklub schlechthin. Dazu kam, dass mit Chievo Verona der Stadtrivale über Jahre hinweg konstant in der höchsten Klasse spielte. Nach dem Abstieg von Chievo ist Hellas zum ersten Mal seit knapp zwanzig Jahren wieder die Nummer eins der Stadt. Ändern wird dies am kümmerlichen Zustand des Stadions leider nichts. Allerdings sind Ende März Projekte bei der Stadtverwaltung eingegangen, um das Stadion zu modernisieren.
Inter - Stadio San Siro - Giuseppe Meazza (80’018)
Inter mit der aktuellen Stadionsituation mehr als unzufrieden. Viele Fans sorgen sich um die marode Infrastruktur des Stadions. Auch deshalb wollen die chinesischen Besitzer des Vereins reagieren und planen mit dem Stadtrivalen Milan eine neue Spielstätte gleich neben dem jetzigen Stadion zu bauen und das altehrwürdige San Siro abzureissen. Das neue Stadion soll rund 60'000 Plätze haben und im Sommer 2023 bezugsbereit sein. Konkrete Pläne gibt es allerdings noch nicht. Ausser, dass die Namensrechte für rund 25 Mio. € im Jahr verkauft werden sollen.
Juventus - Allianz Stadium (41’475)
Die Alte Dame ist der Vorzeigeverein Italiens. Seit nunmehr acht Jahren dominiert sie die italienische Meisterschaft. International wartet der Verein aus Turin hingegen auf den Triumph der Champions League. Wenn weiter so gearbeitet wird, ist es aber nur eine Frage der Zeit, bis der Henkelpott wieder nach Turin zurückkehrt. Massgeblich dazu beigetragen hat auch der Umzug in das modernste Stadion Italiens 2011. Lediglich zehn Partien gingen seither verloren - ein Rekordwert. Der gesamte Komplex beherbergt nebst dem Stadion mit 41‘000 Sitzplätzen, ein Unterhaltungszentrum mit mehreren Restaurants und Einkaufsmöglichkeiten sowie 4‘000 Parkplätzen.

Lazio - Olimpico di Roma (73’261)
Wie in Mailand lässt auch in Rom die aktuelle Stadionsituation zu wünschen übrig. Der Verein von Investor Claudio Lotito will daran etwas ändern und schnellstmöglich aus dem Stadio Olimpico ausziehen. Er wäre aber gut beraten, dies in unmittelbarer Zeit zu tun. Wenn man bedenkt, dass auf der anderen Seite des Tibers die AS Roma seit mehreren Jahren auf den Spatenspich wartet, obwohl das Bauprojekt längst vorhanden ist. Römischen Medien zufolge, soll Lotito noch in diesem Monat bei der Stadtpräsidentin Virginia Raggi ein Stadionprojekt präsentieren.
Lecce - Stadio Via del Mare (33’876)
In der kommenden Spielzeit spielt der apulische Verein nach fast zehn Jahren wieder erstklassig. Das Stadion entspricht hingegen definitiv nicht dem Niveau der höchsten Liga. Das «Via del Mare» wurde am 11. September 1966 eingeweiht. Renoviert wurde es seither zweimal, das letzte Mal 1985. Damals war es für die Fussball-WM 1990 vorgesehen. Allerdings wurde in Apulien doch entschieden, jenes in Bari zu modernisieren. Seither ist wenig passiert. Öffentliche Pläne für eine Renovierung oder einen Neubau sind derzeit nicht vorhanden.
Milan - Giuseppe Meazza (80’018)
Wie Stadtrivale Inter ist auch Milan mit der aktuellen Situation nicht zufrieden. Lange hatten die «Rossoneri» eigene Stadionpläne, doch nun wollen sie mit Inter zusammenspannen. Das neue Stadion soll rund 60'000 Plätze haben und im Sommer 2023 bezugsbereit sein. Konkrete Pläne gibt es allerdings noch nicht. Ausser, dass die Namensrechte für rund 25 Mio. € im Jahr verkauft werden sollen.
Napoli - San Paolo (60’240)
Die Aussage des Klubpräsidenten Aurelio De Laurentiis (ADL), dass das Stadion einer WC-Schüssel gleichkomme, hat in jüngerer Vergangenheit für Aufregung gesorgt. Dass ADL schon seit längerem mit einem Stadionneubau liebäugelt, ist bekannt. Er habe sogar bereits ein Grundstück von 100 Hektar erworben. Mehr ist nicht bekannt. Bis dahin muss er aber mit dem altehrwürdigen San Paolo Vorlieb nehmen. Um auch künftig ein den Uefa-Normen entsprechendes Stadion zu haben, wird es in diesem Sommer zumindest teilweise saniert. Dazu gehören strukturelle Arbeiten an den Tribünen sowie der Austausch eines Teils der Sitze. Auch die Laufbahn wird erneuert und in den Klubfarben gehalten.
Parma - Ennio Tardini (22’352)
In der Stadt des Parmesans und des Parmaschinkens geht es in der Stadionthematik nicht voran. Pläne für eine Modernisierung der Spielstätte oder für einen Neubau liegen keine vor. Dafür könnte der Verein in diesem Sommer mit einem Transfer für Furore sorgen. Derzeit macht das Gerücht die Runde, dass die Torhüterlegende Gianluigi Buffon dorthin zurückkehrt, wo er seine Karriere 1995 einst lanciert hat.
Roma - Olimpico di Roma (73’261)
Nicht nur Lazio ist in Rom mit dem Stadio Olimpico unzufrieden. Seit mehreren Jahren plant Roma den Bau eines neuen Stadions. Ursprünglich wollte die Roma zur Saison 2016/17 ins neue Stadion umziehen. Klubpräsident James Pallotta hofft, dass die neue Spielstätte des Vereins im Jahr 2022 eröffnet werden kann. Das Projekt wurde im Sommer 2012 vorgestellt. Seither gab es jedoch immer wieder Verzögerungen und Probleme. Das Gesamtprojekt sieht ein Stadion für über 50‘000 Zuschauern vor, einen Trainingskomplex, mehrere Unterhaltungsbereiche sowie Bars und Restaurants.
Sampdoria - Luigi Ferraris (36’348)
Das Stadio Comunale Luigi Ferraris auch bekannt unter dem Namen Marassi ist in Italien eines der wenigen reinen Fussballstadien ohne Leichtathletikanlage. Dies ist mitunter ein Grund, weshalb kein neues Stadion gebaut werden soll. Dafür haben die beiden Vereine aus der italienischen Hafenstadt Sampdoria und Genoa Ende April Pläne vorgestellt, die eine umfassende Modernisierung der Spielstätte vorsehen. Für 45 Mio. € soll das 1911 eingeweihte Stadion zwischen Frühling 2020 und Ende 2022 renoviert werden.
Sassuolo - Mapei Stadium - Città del Tricolore (21’584)
Der Verein wird gerne als Hoffenheim Italiens bezeichnet. Denn wie der deutsche Verein, hat Sassuolo einen steilen Aufstieg hinter sich. Richtig aufwärts geht es seit Giorgio Squinzi, Chef des Bauchemieunternehmens Mapei, der Besitzer des Vereins ist. Mit ihm an der Spitze stieg Sassuolo in der Saison 2012/13 erstmals in ihrer Geschichte in die Serie A auf. Um auch in der höchsten Spielklasse zu bestehen, erwarb Mapei die Namensrechte der Spielstätte in der Nachbarsstadt Reggio nell’Emilia. Das Stadion trägt seitdem den Namen Mapei Stadium – Città del Tricolore und ist umfassend modernisiert worden.
SPAL - Paolo Mazza (16’134)
Seit zwei Spielzeiten spielt der kleine Verein aus der Kleinstadt Ferrara wieder in der höchsten Spielklasse Italiens. Zuvor dümpelte die Società Polisportiva Ars et Labor (SPAL) fast fünfzig Jahre in den unteren Spielklassen. In jenen Jahren ging der Klub auch mehrere Male Konkurs. Nun ist er solider aufgestellt denn je. Ein Bauprojekt für ein neues Stadion gibt es trotzdem nicht. Dafür wurde das Stadion, das der Stadt Ferrara gehört, nach dem Aufstieg renoviert, um den Anforderungen der Serie A gerecht zu werden.
Torino - Stadio Olimpico Grande Torino (27’994)
Der Stadtverein Turins hat eine glorreiche Geschichte. Die erste wirkliche Heimat fand er im Stadio Filadelfia. Hier feierte der Verein in den 1940er Jahren seine grössten Erfolge. Heute dient es als Trainingsgelände für die Profis und Jugendmannschaften. Von 1963 bis 1990 trug der Klub seine Heimspiele im Stadio Comunale aus. Ab 1990 war das für die Weltmeisterschaft neu errichtete Stadio delle Alpi die Heimstätte, bevor 2006 die Rückkehr ins Stadio Comunale anstand, das anlässlich der Olympischen Winterspiele 2006 komplett modernisiert wurde. Im April 2016 beschloss die Stadt Turin als Eigentümerin die Umbenennung in Stadio Olimpico Grande Torino, in Erinnerung an die Mannschaft in den 1940er Jahren, die bei einem Flugzeugabsturz 1949 fast komplett ums Leben kam.
Udinese - Dacia Arena (25’144)
1971 wurde auf dem Piazzale Argentina, etwas ausserhalb von Udine, mit dem Bau des Stadio Friuli begonnen. Fünf Jahre dauerte der Bau, ehe Udinese ins Stadion umzog. Während der Fussball-Weltmeisterschaft 1990 war es Austragungsort von drei Vorrundenspielen der Gruppe E. Seit 2013 ist nicht mehr die Stadt Udine, sondern der Verein Udinese im Besitz des Stadions. Bereits drei Jahre vorher stellte die Vereinsführung um Giampaolo Pozzo Pläne für eine grosse Modernisierung vor. Im Dezember 2015 wurde die Renovierung fertiggestellt. Wenig später fand in der seither umbenannten Dacia Arena das erste Spiel gegen Juventus statt.
Comments